Veganismus
Veganismus ist eine ethisch motivierte Lebensweise, die sich nach außen hin durch den Verzicht auf Produkte tierlichen Ursprungs in Ernährung (Fleisch, Fisch, Eier, Milch, tlw. auch Honig) , Bekleidung (Leder, Wolle, Seide) und anderen Bereichen des Lebens (Kosmetik u. a.) zeigt.
Philosophisch kann sich der Veganismus inzwischen auf eine zunehmend ernstere wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema der Tierethik berufen [1][2], obwohl die Beschäftigung damit keineswegs gänzlich neu ist. So hat sich beispielsweise schon ein Schüler des Aristoteles, Theophrastos von Eros [ca. 372-287 v. Chr.], kritisch zum Töten von Tieren, die weder gefährlich noch schädlich sind, geäußert.[3]
Ursprung und Bedeutung
Der Begriff Veganismus geht dabei auf die 1944 von Donald Watson, Elsie Shrigley und weiteren gegründete Vegan Society zurück. 1988 gab die Vegan Society eine neue Definition des Begriffs Veganismus aus.[4] Dieser Definition zu Folge ist Veganismus [aus dem Englischen übersetzt]:
eine Philosophie und Lebensweise, die versucht - soweit wie möglich und praktikabel durchführbar - alle Formen der Ausbeutung von und Grausamkeiten gegenüber Tieren für Essen, Kleidung und andere Zwecke zu vermeiden […]
Diese Definition betont ethische Beweggründe als Motivation – Ausbeutung und Grausamkeiten sind klar moralische Themenfelder. Weiter lautet die Definition der Vegan Society:
und in weiterer Folge die Entwicklung und Verwendung von tierfreien Alternativen zu Gunsten von Mensch, Tier und Umwelt fördert. In Bezug auf die Ernährung bedeutet dies den Verzicht auf alle Produkte, die zur Gänze oder teilweise von Tieren gewonnen werden.[5]
Beweggründe
Umfragen deuten darauf hin, dass es sich bei der ethischen Komponente um die am weitesten verbreitete Motivation für eine vegane Lebensweise handelt. So gaben beispielsweise bei einer Umfrage von vegan.eu (n=1307) 82,5% der Teilnehmer als Motiv: Tierrechte/Tierschutz (Tiere sollen nicht leiden und Tiere sollen nicht getötet werden)
an (Stand Okt.2016).[6] Zu ähnlichen Ergebnissen kommen weitere Umfragen. [7][8] In den Umfragen ergeben sich jedoch auch die Motivationsfelder der erhofften gesundheitlichen Vorteile einer tierfreien Ernährung oder der erhofften positiven Auswirkungen auf die Umwelt.
Dass es sich bei ethischen Motiven um die am weitesten verbreiteten handelt, lässt sich auch anhand der Selbstverständnisse zahlreicher veganer Organisationen abbilden. So ist es der Motivationstreiber für vegane Organisationen, wie zum Beispiel die Albert-Schweitzer-Stiftung für unsere Mitwelt e.V. [9], PETA Deutschland e.V. [10], Animal Rights Watch e.V.(ARiWa)[11], Tierschutzbund e.V.[12], Verein gegen Tierfabriken [13] , Deutsches Tierschutzbüro e.V.[14], Animal Equality Germany e.V.[15] und viele weitere.
Viele dieser Organisationen führen zusätzlich gesundheitliche und umweltbezogene Argumente an. Einige messen allen Argumenten ein ähnliches Gewicht bei, so zum Beispiel ProVeg e.V. (ehemals VEBU). [16] (Eine Liste weiterer Tierschutzorganisationen ohne Anspruch auf Vollständigkeit.[17])
Hier ist anzumerken, dass sich nicht auf die Ethik bezogene Argumente nur indirekt auf den Veganismus selbst beziehen (können).
Bewegung
Die Zahlen der vegan lebenden Menschen in Deutschland schwanken stark je nach Umfrage. So schätzte die SKOPOS Gruppe die Zahl der Veganer in Deutschland anhand einer repräsentativen Umfrage (n=1000) für die Vegane Gesellschaft Deutschland eV. im Jahr 2016 auf etwa 1,3 Millionen.[18] Dabei wurden die Leute erfasst, die tierische Bestandteile in ihrer Ernährung vermieden.[19] Dagegen kommt die Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse (AWA) bei einer Umfrage (n=23.318) auf 0,95 Millionen vegan lebende deutschsprachige Menschen ab 14 Jahren in Deutschland.[20] Bei letzterer Umfrage wurde im Wortlaut jedoch danach gefragt, ob die Person sich als VeganerIn oder als jemand, der weitgehend auf tierische Produkte verzichtet
sehe, sodass das Ergebnis zu Gunsten einer höheren Anzahl verzerrt sein könnte.
Anhand einer Umfrage der Johannes Gutenberg Universität Mainz aus dem Jahr 2014 (n=4496) wurde die Anzahl der vegan lebenden Menschen in Deutschland hingegen lediglich auf etwa 241.000 geschätzt. Dabei wurde danach gefragt, ob keinerlei tierische Produkte verzehrt würden. Eine zweite Umfrage des selben Institutes aus dem Jahr 2015 (n=5125) wählte ein laxeres Items und fragte, ob sich die Befragten weitgehend vegan
ernähren würden. Anhand dieser Umfrage lässt sich die Anzahl der vegan lebenden Menschen in Deutschland auf etwa 457.000 schätzen.[21]
Anzahl | Prozentsatz | Stichprobengröße | Jahr der Umfrage | Item | Quelle |
241.000 | 0,29% | 4.496 | 2014 | keine tierischen Nahrungsmittel | [21] |
1.300.000 | 1,60% | 1.000 | 2016 | keine tierischen Nahrungsmittel | [18][19] |
950.000 | 1,10% | 23.000 | 2019 | weitgehend keine tierischen Nahrungsmittel | [20] |
457.000 | 0,55% | 5.125 | 2015 | weitgehend keine tierischen Nahrungsmittel | [21] |
Da der Veganismus in den letzten Jahren zunehmend gewachsen ist[18][20] und in Folge dessen von Lifestyle-Coaches der Abnehmszene sowie von esoterischen Gurus für sich entdeckt worden ist, sind heute immer wieder sowohl extreme Essenstrends (Rohkost, Urkost, basische Ernährung und weitere) als auch Scharlatane in der Bewegung zu sehen, die sich des Labels bedienen. Auch eine Verzahnung mit nationalistischem, fremdenfeindlichem und/oder menschenfeindlichem Gedankengut sowie ein Hang zu Verschwörungsmythen ist in einigen veganen Gruppierungen zu beobachten. Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass es sich dabei um repräsentative Einstellungen handelt, da der Veganismus Untersuchungen zu Folge mehr Anklang unter progressiven und liberal-sozial eingestellten Personen findet.[22]
Außerdem kommt es teilweise vor, dass Veganer Medikamente und Impfungen ablehnen, weil diese nicht ohne Tierversuche und teilweise nicht ohne Verwendung tierlicher Bestandteile erforscht und hergestellt werden können. Eine Aufopferung dieser Art wird von Veganern in der Regel allerdings nicht als praktikabel im Sinne des veganen Selbstverständnisses verstanden.
Pro-vegane und anti-vegane Mythen
Zudem kursieren sowohl in der veganen Bewegung als auch in der nicht veganen Bevölkerung viele Missverständnisse und zweifelhafte Behauptungen über die Nutztierindustrie und den Umgang mit Tieren - geschredderte Küken landeten einem Mythos zufolge in Chicken Nuggets oder aber Milchkühe seien so gezüchtet, dass sie, auch ohne ein Kalb geboren zu haben, Milch gäben. Weitere Mythen existieren sowohl über vegane Ernährungsformen und deren gesundheitliche Auswirkungen – demnach seien vegane Ernährungsformen entweder Schutz und Heilmittel für eine Reihe unheilbarer Krankheiten, oder aber führten unweigerlich zu Mangelerscheinungen - , als auch über die ökologischen Auswirkungen und den Ressourcenverbrauch - so bräuchte es in der Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch enorme Mengen Getreide und Trinkwasser, oder für Tofu würden Regenwälder abgeholzt.
Hier findet sich eine Liste von pro-veganen Mythen und anti-veganen Mythen, die in der Vegipedia behandelt worden sind.
Ernährung
→ Hauptartikel: Vegane Ernährung, Vegane Kinderernährung
Eine vegane Lebensweise äußert sich am offensichtlichsten in der Nahrungsmittelauswahl. Das Fleisch von Schweinen, Rindern, Geflügel, Fischen und anderen Tieren sowie andere tierliche Erzeugnisse wie Milch und Milchprodukte oder Eier, werden von Veganern nicht verzehrt. Diese Nahrungsquellen sind für den Menschen jedoch eine bedeutende Quelle von essentiellen Nährstoffen. Die meisten dieser Nährstoffe lassen sich auch aus nicht-tierlichen Nahrungsmitteln aufnehmen. Wie in einer mischköstlichen/omnivoren Ernährungsweise, gibt es allerdings auch bei einer tierfreien Ernährung einige kritische Nährstoffe, auf die man dabei besonders Rücksicht nehmen sollte. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung eV. (DGE) führt dabei folgende Nährstoffe als kritisch für vegane Ernährungsweisen auf:[23]
- Protein bzw. unentbehrliche Aminosäuren
- langkettige n3-Fettsäuren
- Vitamine (B2, B12, D3) und
- Mineralstoffe (Calcium, Eisen, Jod, Zink, Selen)
Dabei nehme die Versorgung des Körpers mit dem Vitamin B12 (Cobalamin) die kritischste Rolle ein.
In ihrem Positionspaper legen die Wissenschaftler der DGE dar, wie eine ausreichende Versorgung mit diesen kritischen Nährstoffen dennoch gewährleistet werden könne. Dabei gebe es insbesondere für das Vitamin B12 derzeit keine zuverlässigen Belege, dass eine ausreichende Aufnahme ohne Supplemente sichergestellt werden könne[23].
Für Schwangere und Kleinkinder spricht die DGE keine Empfehlung für eine vegane Ernährung aus. Weiterführende Informationen finden sich im Artikel Vegane Kinderernährung.
Anzumerken ist hier, dass die DGE im internationalen Vergleich mit großen Ernährungsorganisationen anderer Länder mit dieser Position durchaus eine Sonderstellung einnimmt. So halten sowohl die Working Group of the Italian Society for Human Nutrition[24], die Academy of Nutrition and Dietetics (USA)[25], die Dietitians of Canada[26], als auch die British Nutrition Foundation[27] eine gut geplante vegane Ernährungsweise für in allen Lebenslagen nährstofflich adäquat und haben jeweils ein Positionspapier dazu ausgegeben. Auch die Dietitians Association of Australia[28] geben auf ihren Onlinepräsenzen einer gut geplanten veganen Ernährungsweise grünes Licht.
Auf ihrer Website gibt die DGE als Begründung für diese unterschiedliche Positionierung die mangelnde Datenlage betreffend eine deutschlandspezifische vegane Ernährungsweisen an. So sei im Vergleich zu Amerika die Anreicherung mit Mineralstoffen und Vitaminen in Deutschland weniger verbreitet und eine Aufnahme der kritischen Nährstoffe dadurch insgesamt etwas schwerer als in anderen Ländern.[29]
Die DGE rät insbesondere neuen Veganern, sich Unterstützung in Form einer Ernährungsberatung einzuholen, um sicherzustellen, dass die vegane Ernährung gut geplant ist und alle kritischen Nährstoffe gut abgedeckt werden.[23]
Einzelnachweise
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Archiv:https://web.archive.org/web/20200409161331/https://www.bpb.de/system/files/dokument_pdf/SR_10450_Haben_Tiere_Rechte_ba.pdf - ↑ Schmitz, F. (2014) Tierethik – Grundlagentexte, suhrkamp taschenbuch wissenschaft 2082:49-73, ISBN: [978-3-518-29682-0]
- ↑ Baranzke, H.; Ingensiep, H. W. (2019) Was ist gerecht im Verhältnis zwischen Mensch und Tier?, in: Diehl, E.; Tuider, J. (Hrsg.) Haben Tiere Rechte?, Bundeszentrale für politische Bildung, Band 10450:27-28, https://www.bpb.de/system/files/dokument_pdf/SR_10450_Haben_Tiere_Rechte_ba.pdf
Archiv:https://web.archive.org/web/20200409161331/https://www.bpb.de/system/files/dokument_pdf/SR_10450_Haben_Tiere_Rechte_ba.pdf - ↑ https://www.vegansociety.com/about-us/history
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